Aquaponik-Forum

Normale Version: Fragen zum Einstieg - Dimensionierung, Sommer, Winter
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Hallo zusammen,

wie in meiner kurzen Vorstellung angesprochen, möchte ich nächstes Jahr mit der Aquaponik beginnen. 
Hierzu habe ich noch ein paar Fragen bezüglich der Dimensionierung des Pflanzbeetes, dem Standort sowie der Überwinterung.


Kurze Info vorweg:
Das zu errichtende System soll unter freiem Himmel stehen und ebenfalls als bepflanzter Hochteich im Garten fungieren. Gehalten werden sollen Kaltwasserfische.


Thema #1 - Dimensionierung:
An vielen Stellen im Netz und Fachliteratur (z.B. Aquaponic Gardening von S. Bernstein) ließt man, dass idealerweise ein Verhältnis zwischen Fischtankvolumen und Pflanzbeetvolumen von 1:1 bis 1:2 eingehalten werden sollte bzw. empfohlen wird. Meistens stehen diese Aussagen in Verbindung mit einer Besatzdichte von 1 kg Schlachtgewicht pro 40-80 Liter Wasser.

Vielerorts findet man Beispiele mit aufgeschnittenen IBC Tanks, die etwa 700 Liter Fischtank und 200 Liter Pflanzbeet zur Verfügung stellen. Diese Konstellation passt jedoch keines Wegs zu dem zuvor genannten Verhältnis von 1:1 bzw. 1:2 und sie scheinen auch zu funktionieren.

Ich finde hierzu den Beitrag von Dom zum Aquaponik FAQ mit dem Punkt "Wie kalkuliere ich die Pflanzenmenge/Pflanzenfläche Substratunabhängig ?" sehr interessant. Hier wird die Verwertung des zugefügten Futters herangezogen, um das Pflanzbeet zu dimensionieren. Sein Rechenbeispiel trifft die 1:1 Regel zwar ganz gut, es wird jedoch auch mit 30 kg Fisch pro m³ gerechnet, was deutlich mehr ist als 1 kg / 40-80 Liter Wasser.

Im englischsprachigen gibt es ein schönes Berechnungstool (Aquaponic Media Bed Sizing) von Wilson Lennard zur Dimensionierung des Pflanzbeetes. Hier können die Wassermenge, die gewünschte Besatzdichte, etc. eingegeben werden und als Ausgabe wird die Fläche vom Beet und erforderliche Strömungsraten berechnet. 

Aktuell wird ein Hochteich mit einem Wasservolumen von 1500 Liter angedacht. Darin sollen etwa 10-15 Nutzfische (Karpfen & Schleie) unterschiedlicher Größe sowie ein paar Goldfische und was sich sonst noch so in bepflanzten Teichen tümmelt unterkommen. Das Tool von Wilson Lennard schlägt für diese Konstellation ein Pflanzbeet von etwa 2 m² vor. Ich peile etwa 2,5 m² an. 

In dem Hochteich sollen zusätzlich noch normale Teichpflanzen eingesetzt werden.

Sind meine Vorstellungen aus Euren Erfahrungen heraus vertretbar und umsetzbar? Vielleicht könnt Ihr hier ja noch etwas Licht ins Dunkle bringen, da mir die unterschiedlichen Aussagen / Infos zur Dimensionierung noch etwas gegensprüchig und schwammig vorkommen.



Thema #2 - Standort:
Unser Garten liegt auf der Südseite des Hauses und der potentielle Standort ist im Sommer die meiste Zeit eher vollsonnig als leicht abgeschattet. Auch für den Winter plane ich die Außenwand des Hochteiches mit 40-50 mm Styrodur zu isolieren. Ausgekleidet werden soll der Teich mit EPDM Folie. Optional könnte über eine automatische Abschattung der Wasseroberfläche nachgedacht werden.

Wie bereits gesagt, sollen voraussichtlich Karpfen, Schleien und Goldfische gehalten werden.

Seht Ihr diesen Punkt / Standort für eine Anlage in Norddeutschland (Schleswig-Hollstein nahe Hamburg) in Bezug auf die Wassertemperaturen im Sommer kritisch? 



Thema #3 - Überwinterung:
Die Anlage soll unter freiem Himmel stehen und die Fische sollen nicht nur saisonal dort gehalten werden. Der geplante Hochteich hat ein Innenmaß von 1,5 m x 1,3 m x 0,9 m, bei einem max. Wasserstand von etwa 0,8 m. Die Außenwand wird mit 40-50 mm Styrodur isoliert werden.

Für die Überwinterung der Fische im Freien sehe ich eigentlich kein Problem, ggf. muss die Wassertemperatur mittels eines Heizstabes auf 4-5 °C gehalten werden, was nicht übermäßig an Energie beanspruchen sollte.

Die Flutung der Pflanzbeete würde ich ab einer bestimmten Außentemperatur abschalten, da sonst zu viel Wärme aus dem System verloren geht und der Stoffwechsel der Fische auf ein Minimum reduziert wird. 
  • Wäre hier dennoch eine biologische Filterung notwendig? 
  • Wie wird das System im Frühjahr wieder hochgefahren? 
Um den Stickstoffkreislauf in der Anlage wieder in Schwung zu bringen, könnte ich mit Wasser und Filterschlamm aus einem vorhandenen Aquarium "animpfen".

Gibt es zu dem Thema Überwinterung im Freien Erfahrungen von Euch und könnt Ihr mir Tipps geben, wie das System im Frühjahr wieder optimal gestartet werden kann? 





Entschuldigt bitte die Überflutung an Fragen und Text, aber ich freue mich sehr auf Eure Anmerkungen und / oder Verbesserungsvorschläge.


Besten Dank und viele Grüße
Nico
Nochmals guten Morgen,

#1: Je länger Du suchst desto mehr Angaben wirst Du finden. Ich hatte 20 Tilapia in 800l Wasser mit 2,2m2 Beet und keine Probleme bezgl. Ammonium, Nitrit u. Nitrat; Wolfgang alias Wolf-Aqua besetzt seine IBC ohne Probleme mit 80 Tilapien und dann solltest Du mit Deinen 10-15 Fischen, selbst wenn Du vorgezogene einsetzt kein Problem bekommen. Entscheidend sind die Wasserwerte und wie Du die Werte messen kannst sollte Dir bekannt sein, da Du bereits ein Aquarium hast. Im Zweifelsfall Plan A) Teilwasserwechsel oder weniger Füttern oder die Anzahl der Fische senken.

#2: In einem Video von Lets-Grow bzw. gleich auf der Startseite findest Du eine Möglickeit der Abschattung mit Styrodur bzw. Styropor Hexagonen. Die haben den zusätzlichen Vorteil das Du dort nochmals Gemüse anpflanzen kannst. Gib einfach das Stichwort Hexgon hier im Forum als Suchbegriff ein.

#3: Auf die Antwort bin ich ebenfalls gespannt.

Gruß
Stephan
Überwintern sollte bei Karpfen und Schleie kein Problem sein.
Achte darauf, dass die Oberfläche nicht zufriert. Dafür reicht aber in der Regel auch eine kleine Belüftung.
Ich würde heute immer mit permanenten Filterkreislauf arbeiten. Den Durchfluss kann man allerdings im Winter reduzieren.
Die Biologie (und Fütterung) sollte eigentlich dem Temperaturverlauf folgen.
In einem Video, was heute Nachmittag auf meinem YouTube Kanal veröffentlicht wird, zeige ich wie ich Schlamm "aufbereitet" habe. Den Klaren Überstand hatte ich dann zum Start in die nächste Saison verwendet.
Hallo Wolfgang,

wenn Du schreibst: "Die Biologie (und Fütterung) sollte eigentlich dem Temp.-Verlauf folgen", dann meinst Du die Prozesse werden Richtung Herbst/Winter langsamer bis sie zum Stillstand kommen und im Frühjahr laufen die Prozesse wieder langsam an? Im Herbst/Winter langsam die Futtermenge reduzieren kann ich nachvollziehen, aber wie im Frühjahr den Start-Punkt finden? Macht man das an den Temperaturen fest oder welche Orientierung hat man?

Jetzt schon besten Dank für die Antwort.

Gruß
Stephan
Moin zusammen,

vielen Dank für Eure bisherigen Rückmeldungen und Infos.

Zusammenfassend kann man zu meinen beiden Themen 1 & 2 (Dimensionierung & Standort) wohl sagen: Probieren geht über Studieren.

Wasserwerte im Auge behalten und sein individuelles System selber kennen lernen.
Der Teich kann ggf. mit Rafts abgedeckt werden, falls sich das Wasser durch die Sonneneinstrahlung zu sehr aufheizen sollte. Generell sollen auch paar Schwimmpflanzen oder auch eine Teichrose mit einziehen. Mal sehen.


Zum Thema Überwinterung:
Hi Wolfgang, wie Du in Deinem Video erklärst verwendest Du den nährstoffhaltigen Überstand, um das System wieder mit ersten Nährstoffen "zu füttern", richtig?
Welche Vorteile siehst Du darin den Filterkreislauf auch über Winter durchlaufen zu lassen, wenn auch mit gedrosselter Rate. Die Fische stellen doch ohnehin ihren Stoffwechsel so gut wie ein.

Hast Du in Deinem System mal kontinuierlich Wasserwerte überprüft, als Du den Kreislauf noch nicht hast durchlaufen lassen?

Gibt es eventuell irgendwo eine Grafik zur Aktivität nitrifizierender Bakterien in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur?

Generell hätte ich kein Problem damit den Kreislauf mit abgedeckten Beeten durchlaufen zu lassen. Das würde bestimmt auch ein zufrieren der Rohre einigermaßen unterbinden. Ich würde lediglich verhindern wollen, dass das System unnötig an Wärmeenergie verliert. Wahrscheinlich gilt auch hier, einfach mal ausprobieren und im Winter die Wasserwerte kontinuierlich im Auge behalten und schauen, ob sich was verändert.


Zur Fütterung:
Bei kälter werdenden Temperaturen muss man wohl generell das Fressverhalten der Fische näher beobachten und die Futtermengen an die Temperatur anpassen. Wenn die Temperatur unter 10-8 °C fällt wird die Nahrungsaufnahme mehr oder weniger eingestellt.

Im Frühjahr kann man wahrscheinlich einfach rückwärts wieder anfangen. Sobald das Wasser sich konstant auf über 8-10 °C aufgewärmt hat kann man langsam wieder mit dem Füttern anfangen. So spielt sich dann auch die Filterleistung der Pflanzbeete langsam wieder ein.

In der Aquaristik bedient man sich für die Einlaufphase ähnlichen Methoden wie es Wolfgang in seinem letzten Video erklärt hat. Ohne tierischen Besatz wird ab und zu ein wenig Futter gegeben, dass sich auflöst und den Bakterien entsprechend etwas Ammonium zum Verstoffwechseln bereitstellt und Nährstoffe zur Verfügung stehen, damit die Population wachsen kann.


Viele Grüße
Nicolas
Moin zusammen,


noch einmal zur Nitrifikation:



Ich habe hier zwei Artikel gefunden zum Einfluss der Temperatur auf die Nitrifikation.




Aus dem Artikeln lässt sich folgendes zusammenfassen:



> 45 °C      -->  Nitrification stellt sich ein

28 - 32 °C  -->  Optimaler Temperaturbereich

16 °C         -->  Nitrifikationsrate beträgt etwa 50 % (relativ zu 30 °C)

10 °C         -->  Nitrifikationsrate beträgt etwa 20 % (relativ zu 30 °C)

< 5 °C       -->  Nitrifikation stellt sich ein



Demnach ist auch noch bei geringen Temperaturen eine gewisse Filterleistung des Pflanzbeetes zu erwarten.

Liegt die Temperatur des Bodenwassers im Fischtank und die Außentemperatur jedoch bei 6-4 °C kann man den Filterkreislauf wohl getrost abschalten, um keine unnötige Wärme aus dem System zu verlieren.





Viele Grüße

Nico